„Gut gemacht, du fängst an, wie ein Reiner auszusehen.“
Gestern Abend, so mein Ehemann, habe er nachgedacht, denn die gemeinsame Arbeit mit einem Trainer sei sicher für mich und mein Lieblingspferd wichtig und vor allem lehrreich. Sicher sei er ein guter Trainer. Nachsichtig oder gar einfühlsam mit mir als Reiterin sei er aber wohl nicht. Und darüber solle nun ich, seine Ehefrau, doch einmal nachdenken.
Kein Problem dachte ich, auch wenn ich noch nie wirklich darüber nachgedacht habe, ob ein Trainer tatsächlich mit mir nachsichtig oder gar einfühlsam sein muss. Aber jetzt, da meine Ehemann mich fragt….. Unsere Dialoge sind tatsächlich sehr einseitig. Er spricht, ich denke:
„Irgendwas kaputt? Nein? Ok, dann steig’ wieder auf. Wir versuchen es nochmal.“ – Es ist ja nur eine Prellung, hoffentlich, also wieder in den Sattel, denn wer braucht schon wirklich einen kleinen Finger.
„Du reitest ein Pferd und keinen Bergesel und das ist eine Reiningpattern, kein Spaziergang auf der Alm“. – Ich reite ein Pferd, mir ist heiß, ich schwitze. Ein Spaziergang wäre niemals so anstrengend.
„Liegen Diamanten auf dem Boden?“ – Okay, schuldig im Sinne der Anklage.
„Okay, mach’s noch einmal“ – Oh, Mann, das sagt er mir jetzt zum zehnten Mal.
„Fährst Du so, wie Du reitest?“ – Sieht nicht so aus, als würde er bald mit mir in ein Auto steigen wollen.
„Wer ist hier verantwortlich – Du oder das Pferd?“ – Das Pferd,
natürlich. – Nein, das wäre wohl nicht die richtige Antwort.
„Bein, Bein, Bein, Bein!“ – Okay, das haben jetzt alle im Umkreis von 500m gehört.
„Ich will Brüste und Zähne sehen.“ – Ungehobelt, aber effektiv.
“ Du siehst aus wie ein Sack Kartoffeln. Man kann auch im Run-down ordentlich sitzen“. – Gut, dass ich keine Mimose bin. Ich mache einfach was er sagt.
„Das war gar nicht so schlecht, mach es noch einmal“ – Ein Kompliment? Nicht darüber nachdenken, einfach weiterreiten.
Überhaupt, wenn es um Komplimente geht, sind Trainer Meister im Verstecken: „Ich war überrascht, wie gut du das gemacht hast“ oder „Besser! Du hast schon sehr gut gedreht und fast gestanden.“ Oder „Gut gemacht, du fängst an, wie ein Reiner auszusehen.“ Es gibt so viele Variationen.
Es stimmt, nicht alle Trainer sind im Unterricht tatsächlich nicht immer für ihren Takt oder ihre Diplomatie bekannt. Aber mal ehrlich, das ist auch nicht ihr Job, wenn sie uns und unsere Lieblingspferde fit machen sollen. Wir wollen im Sattel keine Energie verschwenden, um lange Sätze zu verstehen. Wir wollen wissen, was wir ab jetzt anders machen können als bisher. Wir wollen konkrete Hilfe.
Für Komplimente, Nachsicht, Einfühlsamkeit und Taktgefühl ist ja auch schließlich er zuständig. Und das, so mein Ehemann habe er eigentlich nur hören wollen.