Hallo Hardy!
Heute habe ich mit großem Interesse Deinen Artikel über Outcrossing bei Quarter Horses gelesen. Ich muss Dir (wie schon so oft) mal wieder recht geben. In diesem Zusammenhang fiel mir wieder ein Verkaufskatalog für Ranch Horses aus den USA ein. Dort sah ich einige Pedigrees, für die wir in den 80ern getötet hätten, weil solche Pferde damals unerschwinglich waren. Warum zum Teufel schielt man eigentlich immer auf die Vollblüter und nicht auf diese alten Linien? Ich selber reite einen Doc Chex-Sohn aus einer Peppy San-Enkeltochter und sehe ehrlich gesagt nicht, warum diese Linien nicht mehr in den Gen-Pool einfließen sollen. Den Katalog hab ich Dir mal angehängt, vielleicht kannst Du mir ja verraten, warum diese Pferde nur noch auf den Ranches arbeiten, aber nicht mehr in den Sport gehen bzw. die aktuellen Linien mal auffrischen.
Roman Kook, Bremen
Antwort:
Beantworten kann man das kaum, da muss man spekulieren. Das Gute ist, dass die Züchter von Ranch Horses – eben richtige Ranches – diese Linien nach wie vor zu schätzen wissen. Die probieren mal den einen oder anderen modernen Vererber aus, wenn er zu passen scheint, aber weil sie den eigentlichen Arbeitstyp wollen, haben sie keine Veranlassung, durch Vollblüter Veränderungen vorzunehmen. Dasselbe gilt für Züchter von Reining- und Cutting-Pferden. Es sind die Pleasure Horse- und English-Klassen-Züchter, die den Typ verändern wollen, die nach den Vollblütern schielen. Und weil es da Überschneidungen gibt, vor allem in der Richter-Zunft, deshalb droht sogar eine Typveränderung bei den Halter-Pferden. Und das war ja ein wichtiger Kritikpunkt, dass für den besagten Artikel nur Leute aus der Pleasure- und English-Szene und der Racing-Szene interviewed wurden. Wenn einer (Joe Jeane) als Allround-Mann vorgestellt wurde, dann ist das irreführend – das ist ein weiteres Problem in der Show-Szene, dass Pferde als Allrounder bezeichnet werden, die in Klassen wie Trail, Pleasure, Horsemanship und im sogenannten Hunter under Saddle geshowt werden. Man braucht nur eine Show zu besuchen, um zu sehen, dass es immer derselbe Typ Pferd ist, der da geshowt wird, und dass dabei keine wirkliche Vielseitigkeit unter Beweis gestellt wird. Dazu würde gehören, dass auch Speed Events erfolgreich bestritten werden, bzw. solche, die Speed Manöver enthalten. Erst wenn ein Pferd neben den oben genannten Klassen auch erfolgreich ist in Reining oder Cutting, Reined Cow Horse, Barrel Racing, Pole Bending oder Roping, kann man von einem wirklichen Allrounder sprechen. Die Breed Associations werden dominiert von Mitgliedern, welche die „langsamen Klassen“ inklusive Halter bestreiten, deshalb machen sie sich die All-Around-Regeln so, dass sie mit ihren Pleasure-Pferden auch einen All-Around-Titel gewinnen können. Die Vielseitigkeit des Quarter Horses, für sie es einmal berühmt war, bleibt dabei auf der Strekke.
— Hardy Oelke
Endlich wird mal über dieses leidige, aber verschwiegene Thema geschrieben. Man findet bei den Reining- und Cutting-Pferden eigentlich keinen Hengst, der nicht mehrfach auf King und Three Bars zurückgeht. Sogar die sogenannten Foundation-Züchter brüsten sich mit Abstammungen, die achtfach King-gezogen sind. Es gibt sogar Meinungen, enge Inzucht mache bei Pferden keinen Schaden. Es gibt fast kein Bewusstsein für diese Problematik! Beim Menschen ist „Inzucht“ unter Strafe verboten, und die Verpaarung von Cousin und Cousine nicht empfohlen, weil Erbdefekte auftreten können. Wieso sollte das bei anderen Säugetieren anders sein? Entschuldigung für meine drastische Ausdrucksweise.
Das Futurity-Programm mit der Hengst-Nomination der NRHA Germany ist ein Förderprogramm zur Inzucht – seitenweise kann man dort Hengste mit gleicher Abstammung finden. Und wir wissen ja, wie die Abstammung der Stuten in der Szene aussieht, nämlich genauso. Ich fand in dem Hengstkatalog nicht einen wirklichen
Outcross! Ein echter Outcross-Nachkomme hat also in diesem Futurity-Programm keine Chance. Die Nominierung des zu startenden Pferdes wäre der richtige Ansatz, damit auch talentierter Outcross-Nachwuchs eine Chance hat. Leider ist der von Ihnen genannte Hengsteigentlich auch kein wirklicher Outcross zu den meisten Stuten, aber mit zweimal King und zweimal Three Bars (falls ich richtig recherchiert habe) vergleichsweise milde ingezogen.
Wahrscheinlich haben Sie recht, es müssen erst noch mehr Gen-Defekte auftreten, bevor es ein Erwachen gibt.
Ronald Häußler
Anm.: Das SSP der NRHA Germany ist nicht „von oben gesteuert“. Es spiegelt die Nachfrage wieder und ist nicht als ein Zuchtprogramm konzipiert, sondern um den Grundstock für die Futurity-Preisgelder zu generieren. Wenn überwiegend Hengste gleicher oder ähnlicher Abstammung eingezahlt sind, so liegt das einfach an den Hengstbesitzern. Es liegt natürlich auch an den Stutenbesitzern – wenn diese nämlich anders gezogenen Hengsten keine Chance geben, diktiert das weitgehend, welche Hengste erworben und aufgestellt werden. — H.O.
Quarter horse outcrosses, WH 4-14
Ihr Artikel im Western Horse spricht uns aus der Seele! Schon lange machen wir uns Gedanken über mögliche Outcross-Varianten auch in der deutschen Quarter-Zucht. Gerade in den Reining- und Cow Horse-Zuchtlinien finden wir hier nicht selten Pferde mit einem Doc Bar Anteil von über 30 Prozent vor! Ab 10 Prozent spricht man von Linienzucht!
Warum man dafür aber unter den Vollblütern suchen soll, ist uns ein Rätsel! In den USA gibt es doch einiges an Ranch Horse-/Cow Horse-Blut, dass die Performance-Linien gerade um das ergänzen könnte, was diesen verloren zu gehen scheint: Fundament und Mind, in erster Linie.
Wir für unseren Fall sind fündig geworden in den Hancock-Linien! Deshalb befindet sich in unserem Stall eine Joe Hancock-liniengezogene Blue Valentine- Stute (Clydes Blue Pearl) und ein zweijähriger ebenso gezogener Nachwuchshengst (MJM Saltys Blue Ezra, noch nicht im Deckeinsatz). Das erste Ergebnis unserer bewussten Anpaarung aus dieser Stute und einem performace-gezogenen Reiner (Best Spook) möchten wir Ihnen gerne hier zeigen! Sein Name ist Spookeroo Blue Joker, auf den Fotos drei Wochen alt.
Herzlichen Dank für Ihren aufschlussreichen Artikel zu diesem Thema.
Christina und Franz Albrecht-Hoschka
www.hayday-ranch.de